"Meine Landschaften sind für mich subtile Beobachtungen unserer Gegenwart oder Vergangenheit und das Herausarbeiten von Gefühlen, die im Verborgenen liegen."
Govinda Christ (*1991), studierte Bildende Kunst an der FKAM Mannheim und diplomierte 2017. Seit 2018 lebt und arbeitet er in Wien als freischaffender Maler.
Der künstlerische Schwerpunkt liegt auf klein und mittelformatiger Malerei in Öl. Als Bildträger dienen dabei vorwiegend verschiedene Holzmalgründe.
Vertreten wird Govinda Christ durch die Atelier Galerie Roland Puschitz


Text: Esther Mlenek
"Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen Auge siehest dein Bild. Dann fördere zutage, was du im Dunkeln gesehen, dass es zurückwirke auf andere von außen nach innen." – Caspar David Friedrich Govinda Christ befasst sich in ausdrucksstarken Ölgemälden mit der Beziehung zwischen Mensch, Natur und Landschaft. Ausgehend von einer collageartigen Motivfindung, in welcher der Künstler Found-Footage als Inspirationsquelle heranzieht, verschmelzen malerische Umgebungseffekte zu symbiotischen Darstellungen der gelebten Welt. Sein Spiel mit Licht und Schatten, mit pastosem Farbauftrag und expressivem Gestus, bedient sich dabei an der unerschöpflichen Farb- und Formenvielfalt der Natur und es gelingt dem Künstler auf zumeist kleinem Format unterschiedliche Realitätsebenen zu einem vielschichtigen Ganzen zusammenzuführen. So öffnet Christ in seinen Werken einerseits den Blick auf weite Panoramen - ganz wie man es aus der Bildsprache der Romantik kennt - andernorts zoomt er sehr nah ans Dickicht heran. Immer jedoch formuliert Govinda Christ die Landschaft als atmosphärischen Raum, welcher von emotionalen Tönen durchdrungen wird. Diese begegnen in Form eines blassen, schalen Lichteinfalls, in den kühlen Azur- und Grüntönen des Waldes, dem melancholischen Violett der Abendröte oder in alarmierend giftgrünen Farbakzenten. Durch die Intensität der botanischen Repräsentationen und Naturerscheinungen bildet Govinda Christ schließlich jene sensorische Arena aus, in welcher die Dramatik seiner Figuren fühlbar wird. Die dargestellten Personen erscheinen zumal passiv, beinahe dissoziiert. Sie sind tief in Gedanken versunken, senken den Blick Richtung Boden oder lassen ihn abwartend in die Ferne schweifen. Andernorts mengt sich eine unheilvolle Dynamik ins Geschehen und Govinda Christs Protagonisten treten jetzt als Jäger*innen, oder als Gejagte und Flüchtende in Aktion. Den narrativen Kontext spart Christ jedoch weitgehend aus. Auch lässt er seine Figuren nicht mit den Betrachter*innen in Kontakt treten. Denn im Kontrast zu den oftmals realistisch abgebildeten Körpern und der Bekleidung der Figuren, stellt der Künstler deren Gesichter nur äußerst schemenhaft - oder mittels Rückenansichten - überhaupt nicht dar. Diese bildliche Verkörperung von Leere nutzt Christ, um ansonsten unaussprechliche Bedeutungsübertragungen zwischen der Realität und den darauf einwirkenden, zumal gegenläufigen Phänomenen, aufrechtzuerhalten. Ausdruck verleiht der Künstler diesen Phänomenen durch einen fauvistischen Umgang mit Farbe und der oft radikalen Verwischung von Konturen. So kommen Fragmentierungsprozesse zum Vorschein, in welchen Objekte zusehends ineinanderfließen, es zu einer Auflösung im Anderen kommt. Diese „Verschmelzungsräume“ - welche per se ausgelöschte Räume sind - erscheinen in einer Vielzahl der Arbeiten von Govinda Christ und wirken zusammen mit den gesichtslosen Figuren als atmosphärisches Register fort. So entstehen Bildwelten in welchen sich das Reale mit symbiotischen Regungen und drohendem Schrecken vermengt und wir als Betrachter*innen nach einer inneren Bedeutung greifen. Die den Figuren anhaftende Leere können wir dabei als Projektionsfläche eigener Vorstellungen nutzen. So dringen wir dicht an den Figuren ins emotionale Dickicht vor, verstecken und verheddern uns darin. Wir merken, das Dargestellte rührt an uns, berührt uns im Innersten. Einerseits, weil der Künstler die tatsächlich stattfindende, soziale Desintegration und Partikularisierung ausdrückt: Christs Werke sind durchzogen von einer subtilen Kritik an der Situation des rasenden Stillstandes, in welcher Menschen kurz vor dem Zusammenbruch auf Hochtouren laufen müssen, nur um ihre Existenzgrundlage halten zu können. Andererseits werden die bedrückend-melancholische oder alarmierende Bildsprache sowie das Auftreten von Fragmentierungserscheinungen vor dem Hintergrund einer Realität verständlich, in der das Sicherheitsgefühl nicht nur auf privater, geo-politischer und sozial-politischer Ebene bedroht ist, sondern auch eine voranschreitende Umweltzerstörung und Ressourcenverknappung zu weiteren Brüchen in der gewohnten Kontinuität führt. Govinda Christs Werke verdeutlichen, dass diese Geschehnisse in eine integrierte Perspektive überführt werden müssen. Der Künstler vereint gekonnt Makro-und Mikrokosmos - globale und private Krisenerfahrungen in einem Bild - und lädt dazu ein, jenes emotionale Wechselbad aus Isolation, Angst, Verzweiflung, aber auch Mut, Hoffnung und Neugierde, auszuhalten, welches einen Aufbruch in ein unbekanntes Terrain immer begleitet.
Ausstellungen (Auswahl)
2023 Atelier Galerie Roland Puschitz , „Lost in Observation“ (Einzelausstellung)
2023 Spektakel Wien, „Unseen Matter“ (Einzelausstellung)
2022 Spektakel Wien, „Nature on stage“ (Einzelausstellung)
2021 Charity Kunstauktion Auktion für die OÖTafel
2021 Dachsbau Atelier, Atelier Rundgang
2021 Dachsbau Atelier, Kunst am Kanal
2020 Dachsbau Atelier, Kunst am Kanal
2019 Wien, Villa Schapira, Partisanen 2: Heart of Darkness (Gruppenausstellung)
2018 Wien, Parallel Vienna (Gruppenaustellung)
2017 Karl-Otto-Braun-Museum, Ludwigshafen am Rhein „gleichzeitig" (Gruppenausstellung)
2017 Galerie Kasten, „33“ (Gruppenausstellung) Mannheim
2017 Absolventenaustellung FKAM